Lange Wartezeiten auf einen Therapieplatz sind für viele psychisch kranke Menschen eine große Belastung. Künstliche Intelligenz könnte hier Abhilfe schaffen, wie eine Studie aus England zeigt: Mithilfe eines KI-Chatbots konnte die Zahl der Selbsteinweisungen zu einer Psychotherapie dort um 15 Prozent gesteigert werden.
So funktioniert der KI-Chatbot
Beim KI-Chatbot „Limbic Access” handelt es sich um ein dialogbasiertes Computersystem, das Betroffene bei der Suche nach einem geeigneten Therapieplatz unterstützt. Entwickelt wurde der Chatbot unter anderem vom Psychologen Max Rollwage. Er kommt ohne vorgefertigtes Skript aus, sondern generiert die Dialoge mithilfe von KI-Sprachmodellen.
Der Ablauf gestaltet sich so:
- Hilfesuchende melden sich auf der Website von Limbic Access an und werden dann vom Chatbot durch ein Interview geführt.
- Der Chatbot stellt dabei Fragen zu Symptomen, Lebensumständen und Therapiewünschen.
- Basierend auf den Antworten schlägt der Bot dann passende Therapeuten vor, die er nach Qualifikation, Erfahrung und Fachgebiet auswählt.
- Die Nutzer können anschließend direkt mit den Therapeuten in Kontakt treten und einen Termin vereinbaren.
Studie belegt: Mehr Menschen finden einen Therapieplatz
Eine Studie der Universität Oxford mit über 129.000 Teilnehmern konnte jetzt zeigen: Durch den KI-Chatbot stieg die Zahl der Selbstüberweisungen zu einer Psychotherapie um 15 Prozent. Insbesondere Menschen aus Minderheitengruppen, die normalerweise unterversorgt sind, profitierten.
Die Nutzer des Chatbots wiesen nach sechs Wochen auch deutlich weniger Symptome von Depressionen und Angstzuständen auf als die Kontrollgruppe ohne Bot-Unterstützung. Der KI-Chatbot ersetzt zwar keine Therapie, aber er kann vielen Betroffenen den Weg dorthin erleichtern.
Situation in Deutschland schwieriger
In Deutschland gestaltet sich der Einsatz solcher KI-Chatbots zur Therapievermittlung schwieriger. Denn hier werden die Therapieplätze nicht zentral vergeben, auch nicht auf regionaler Ebene. Die Vermittlung läuft meist über die jeweiligen Praxen.
Dennoch halten Experten wie die Psychologin Eva-Lotta Brakemeier den Einsatz von KI-Chatbots auch in Deutschland für vielversprechend. Sie könnten vor allem die Hemmschwelle senken, sich Hilfe zu suchen. Die konkrete Umsetzung im Gesundheitssystem wäre allerdings komplex.
Der KI-Chatbot aus England zeigt:
Dialogbasierte Computersysteme können die Psychotherapie-Vermittlung spürbar entlasten. Sie motivieren mehr Betroffene, einen Therapieplatz zu suchen und unterstützen sie aktiv bei diesem Schritt.
In Deutschland wäre die Integration solcher Chatbots aufgrund der Zersplitterung der Vermittlungsstrukturen sicherlich anspruchsvoll. Aber die Studienergebnisse machen deutlich: KI-Systeme bergen auch in der Gesundheitsversorgung großes Potenzial. Sie sollten daher verstärkt erforscht und diskutiert werden.